vorheriger Bericht nächster Bericht

Sonne und Salz

Vorbereitet bei "Papa Panda" Alejandro in San Pedro de Atacama, Chile im Januar und fertiggestellt in einem Internetcafe in Madrid, Spanien am 20. April 2005

Mit großer Spannung hatten wir das Salzseeabenteuer erwartet. Unsere größte Aufmerksamkeit galt dem Wetter und der Orientierung. Die Probleme, die uns erwarteten waren aber dann ganz anderer Art und das Weihnachtsfest fiel dann auch ganz anders aus als gedacht.

Vor unserer Abfahrt statteten wir dem berühmten Zugfriedhof von Uyuni noch einen Besuch ab. Uralte, ehrwürdige Zugmaschinen und Waggons rosten dort vor sich hin, bei Sonnenuntergang ein Traum in Rot! (mi, mi)

Wir haben es noch bis Colchani geschafft, das Dörfchen am Seeufer, von dem aus wir am nächsten Tag auf die Salzfläche starten wollten. Doch dann raffte es Markus dahin: Brechdurchfall der übelsten Sorte. So verbrachte er die Weihnachtsfeiertage mit großen Schmerzen im Bett und ich rannte vor Verzweiflung im Kreis, was tun?!
Einziger Trost: die Unterkunft war ganz interessant, ein Hotel ganz aus Salz gebaut. Wände und das meiste Mobiliar sind aus Salzblöcken gebaut worden, selbst die Betten (siehe Bild). Ohne fließend Wasser und später mit Stromausfall war es dann aber auf Dauer nicht gerade komfortabel.(mi)

Als Markus wieder einigermaßen auf den Beinen war, machten wir einen kleinen Erkundungsausflug. Dank der ortskundigen und hilfsbereiten Reiseführer fanden wir den Zugang zur richtigen Piste und konnten noch einige wichtige Infos für unsere Routenplanung erfahren. Die detaillierten Karten hatten wir uns vorher schon in La Paz beim Militär besorgt. Das obere Bild zeigt Markus bei der Untersuchung des natürlichen Netzmusters, das sich über fast den ganzen See zieht. Die schönen Linien entstehen ohne menschliches Zutun nach der Regenzeit während des Abtrocknens der aufgeweichten Salzfläche. (mi, mi)

Weißt Du wo das Salz herkommt? Die Bolivianer kratzen die obersten Zentimeter des Salzsees ab, schaufeln es erst auf kleine Häufchen und dann auf den Lkw. Alles in Handarbeit. Das geht allerdings nur in der Nähe des Ufers, wo das Salz noch naß und leicht zu lösen ist. Auf der offenen Seefläche kann man nicht mal eine Wegemarkierung ins Salz ritzen, so knallehart und fest ist es. Per Lkw wird das Salz schließlich zur weiteren Verarbeitung (Verkleinerung und Reinigung) nach Colchani gebracht. (mi, mi)

Und dann mit drei Tagen Verspätung ging es in der frühen Morgendämmerung endlich los. Einmal den richtigen Zugang gefunden, war die Orientierung supereinfach: immer der Piste folgen. Mehr zum Spaß als zur Sicherheit überprüfte Markus alle 5 km mit dem Kompaß unsere Richtung. (mi)

Am ehemaligen Salzhotel auf dem See, das heute nur noch Snacks verkauft, machten wir eine kleine Frühstückspause. Fasziniert beobachtete ich die schwimmenden Salzkristalle in dem kleinen Wasserspiel. Später fanden wir noch viel tiefere, kristallumsäumte Löcher im Salz, durch die hindurch man in die Tiefe des darunterliegenden Wasser schauen konnte (siehe rechts). Übrigens muß man sich immer wieder sagen: "Das ist Salz, kein Eis!", weil es doch fast genauso aussieht. (ma, mi)

Was hatten wir uns gefreut, so früh schon die Isla de los Pescados (=Isla Incahuasi) auf der flirrenden Luftschicht vor uns in der Ferne entdeckt zu haben! Die reflektierte Silhouette hat tatsächlich eine Fischform. Das Problem war nur: Sie kam und kam nicht näher, egal wie wir uns abstrampelten - wie verhext. Waren wir da auf eine Fatamorgana hereingefallen? Angeblich sollte man auf dem See nur 5 km weit sehen können, nach 15 km lag die Insel aber immer noch in weiter Ferne vor uns! (mi)

Auf der Piste ließ es sich bestens radeln, das Salz ist glatt wie Eis, aber überhaupt nicht rutschig. Ein leichtes Lüftchen milderte die brennende Sonne etwas ab. Trotzdem wurden wir immer langsamer und langsamer. Pausen waren auch kaum erholsam, weil sie überhaupt keine Abwechslung boten. Immer nur das Weiß des Salzes und das Blau des Himmels, das ist in seiner Reizarmut kaum zu ertragen. Völlig bizarr! Ich sah zweimal Dinge, wo gar nichts war bis Markus mir riet, mich wie er, in Gedanken ganz ausführlich und bildhaft mit irgendwelchen Sachen zu beschäftigen. Er plante die ganze Zeit unseren zukünftigen Weihnachtsschmuck. (mi)

Am frühen Nachmittag haben wir die Isla Incahuasi endlich erreicht. Während die anderen Touristen frisch und entspannt aus den Jeeps sprangen, lechzten wir nur nach Schatten und Ruhe. Die Einheimischen verstanden sofort. Wir sind hier nicht die ersten Radler, die hier stranden. Man bot uns sofort ein angenehm kühles Zimmer mit zwei Betten an, in die wir sofort wie Tote hineinfielen. Erst am Abend, als der Tourirummel vorbei war, rappelten wir uns wieder auf. Die Insel ist ein ehemaliges Korallenriff aus ururalten Zeiten, als sich hier noch ein Meer befand. Wo früher die Fische schwammen, wachsen heute riesig hohe Kakteen und fliegen bunte Vögel umher. Im oberen Bild sieht man im Hintergrund die Isla Pescado. (mi, mi)

Mit einer mitgebrachten zum Kranz geschlungenen Girlande, einem südamerikanischen Weihnachstkuchen und heißem Kakao feierten wir am 27.12.04 Weihnachten in Mongos Restaurant. Besser spät als gar nicht. Die Erschöpfung ist uns noch voll anzusehen. Nach dem zweiten Kakao taumelten wir auch schon wieder zurück in die Betten. (mi)

Am zweiten Tag mummelten wir uns trotz der Hitze voll ein. Bei höchstem Sonnen-Schutzfaktor und Helm bzw. breitkrempigem Hut hatte die Sonne unserer Haut am Vortag brutal zugesetzt. Der Salzsee liegt auf über 3.600 m Höhe und die Reflektionen der Sonne auf dem Salz sind enorm. (mi, ma)

Am zweiten Tag waren wir etwas unsicherer wegen der Route. Wir hatten den kürzesten Weg zum Ufer gewählt, der aber über eine wenig befahrene Piste führte. Zuerst rumpelten wir über die Erhebungen im Salz, später sackten wir im nassen Salz ein. Schon nach wenigen Metern hatte sich der Salzschlamm an den Schutzblechen festgesetzt. Alarmstufe rot für die feingliedrige Fahrradtechnik! Bei energiespendenden Erdnußbutterbroten wollten wir die Lage in Ruhe überdenken. Da entdeckten wir, daß unser gesamter Brotvorrat verschimmelt war. Naja, dann haben wir eben die Erdnußbutter pur gelöffelt! (ma)

"Endlich wieder festen Boden unter den Rädern!" jubelte Markus, als wir auf das Ufer zufuhren. Doch kurz darauf war die Freude vorbei, weil die übelsten Pisten unserer gesamten Tour vor uns lagen. Markus war immer noch durch die Krankheit geschwächt. Mühsam kämpften wir uns einige Tage lang über Wellblechpisten und durch Sandlöcher vorwärts (siehe auch im Bericht "Pistenradeln"). (mi)

Der Mensch ist zäh, lernten wir hier im abgelegensten Winkel Boliviens. Schon vor etlichen tausend Jahren lebten hier einfache Völker. Geschickt wußten sie die dürre Vegetation und das rare Wasser zu nutzen. Da können wir trotz unserer High-Tech-Ausstattung und Funktionskleidung nur den Hut ziehen. Erst vor Kurzem entdeckte man in versteckten Höhlen gut erhaltene Mumien, Werkzeuge, Schmuck, Jagdwaffen und vieles mehr, was heute in einem kleinen Museum ausgestellt wird. (mi)

Einige harte Pistentage und eine umso angenehmere Busfahrt (es war die schönste Busfahrt unseres Lebens!) lagen hinter uns, als wir kurz vor Sylvester die chilenische Grenze erreichten. Und wieder hatten wir Glück: wir mußten nicht eine Tasche öffnen und auch diese ominösen Fahrradpapiere wurden nicht von uns verlangt. Juhuuu, geschafft! (ma)



Nachwort:
Für die, die ebenfalls Lust auf ein Salzseeabenteuer haben folgender Hinweis: Nur nicht von vereinfachten, falsch beschrifteten Karten irritieren lassen! Es gibt ZWEI ähnliche Inseln auf dem Salar de Uyuni: die Isla de los Pescadores (=Isla Incahuasi), dort befindet sich die "Herberge" und das kleine Restaurant "Mongos". Auf der Isla Pescado, die etwas weiter von Colchani weg liegt, gibt es außer Tagesausflüglern nichts! Wir waren doppelt dankbar für die Unterkunft, da abends ein sehr starker Wind aufzog, der das Campen ohne Heringe (das Salz ist steinhart) ziemlich ungemütlich gemacht hätte.
___________________________________________________



vorheriger Bericht      nächster Bericht zur Startseite der Homepage