USA - Washington 2

Kommst Du an einen x-beliebigen Ort und es regnet, sagen Dir die Leute "Normalerweise scheint hier immer die Sonne!". In Seattle brüllte die Sonne vom Himmel. "Absolut untypisch, normalerweise regnet es hier immer!" hieß es daraufhin. Seit man T-shirts mit dem Aufdruck "shirtless in Seattle" verkaufen kann, wird das schlechte Wetter umso heftiger beschworen. Seattle sollte ein Geheinmtip bleiben, doch - zu spät! Rund um die Space-Needle Rummel wohin man schaut. Viel Kommerz, wenig Kultur. Oh, pardon, wir haben unseren Blick noch falsch focussiert. Picken wir die entscheidenden Details heraus: An der Rock'n Roll Hall of Fame fasziniert die schillernde Fassade, der Inhalt - wird sicher Kultur sein. Wir schauen gezielt an den wohlgenährten Herrschaften in geschmackloser Abendgarderobe vorbei und vertrauen darauf, daß der angekündigte Ballettabend alles wieder gut macht. Zufrieden nehmen wir auf den billigen Rängen im Freien Platz und beobachten das Schauspiel der kreischenden Kinder unter der großen Fontäne. Hier ist die Welt von Seattle noch in Ordnung: es "regnet"!

Ein paar Tage später: Im Hafen, genauer gesagt in der Markthalle, weht der Duft der großen, weiten Welt. Unsere Gastgeber Rita und John möchten uns zeigen, wie die Fischhändler mit ihren Fischen werfen. Leider wollen an diesem Sonntag alle Leute nur gucken und keinen Fisch kaufen, also wird auch nicht geworfen. Wir schlendern an kilometerlangen Obst-, Gemüse- und Blumenständen vorbei, schlecken frozen Yoghourt (Joghurteis) und kosten Kirschen. Im Hintergrund ist das dunkle Signalhorn der Ozeandampfer zu hören. Zum Abschluß unseres Seattlebesuches bereitet uns Rita noch ein üppiges Mahl. Zum Nachtisch zeigt sie uns zusammen mit ihrer Tochter Michaela, wie man eine süße Schweinerei mit dem Namen "Smores" zubereitet (siehe Kurioses).
Nach einer Woche Pause in Seattle freuen wir uns auf`s Weiterreisen und Zelten. Doch bevor wir den ersten Zeltplatz auf der Olympic Peninsular erreichen, werden wir von Beverly und Wallace an der Straße abgefangen und eingeladen. Wallace hat vor wenigen Jahren die Staaten von Ozean zu Ozean durchradelt, um für eine Parkinsonvereinigung zu werben und Spenden zu sammeln. Bev hatte ihn streckenweise begleitet. Nun möchten die beiden alles über unsere Weltumradelung erfahren. Bev leiht uns ihr Auto, damit wir den Regenwald in den Bergen besser erkunden können (siehe eigene Bilderserie "Regenwald"). Wallace bekocht uns mit allerlei Köstlichkeiten. Höhepunkt dieser Tage ist ein Rundflug in der Einpropellermaschine des Nachbarn Ted. Wir revanchieren uns für die umwerfende Gastfreundschaft mit Gartentips, einer kleinen Tanzperformance und deutschem Kuchen. Nach 10 Tagen fällt die Trennung schwer - schwer sind auch unsere Räder: vollgepackt mit Essen für die nächsten Wochen und wahrscheinlich haben auch wir das eine oder andere Kilo mehr auf den Rippen! Während unserer letzten Tage im Regenwald macht dieser seinem Namen alle Ehre. Wir freuen uns für die Bäume, Moose und Farne, die alle schon etwas trocken aussahen, hoffen aber für uns an der Küste bald wieder blauen Himmel zu sehen. Kaum sind wir wieder auf der 101 Richtung Süden unterwegs, haben wir herrlichen Rückenwind. Da läßt es sich herrlich Strecke machen! Endlich treffen wir auch andere Radreisende und können uns über Routenplanung, Kochfeuer und der gleichen mehr austauschen. Kurz hinter der Grenze von Oregon kann Markus stolz die ersten 1000 Kilometer auf seinem Tacho vermelden. Ja, so langsam fühlt es sich nach echter Weltumradelung an!

^{Erstellt bei John in Seattle, USA, am 8.Juni 2003}
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